Microsoft hat zum 1. Juli 2025 die Verfügbarkeit der Subscription Edition (SE) für Exchange Server und Skype for Business Server bekanntgegeben und damit einen deutlich spürbaren Strategiewechsel im Bereich On-Premises vollzogen. Der klassische, einmalige Lizenzkauf für Serverprodukte weicht damit einem abonnementbasierten Modell, das sowohl technische als auch wirtschaftliche Implikationen für Unternehmen mit sich bringt. In diesem Beitrag möchte ich die strategische Einordnung dieser Entwicklung vornehmen, praxisnahe Hinweise für Administratoren und IT-Entscheider geben und aufzeigen, was jetzt konkret zu tun ist.

Strategische Einordnung im Microsoft-Ökosystem – Ein Blick über Exchange hinaus

Die Einführung der Subscription Edition für Exchange Server ist kein isoliertes Ereignis, sondern Teil eines strategisch einheitlichen Kurswechsels bei Microsoft. Bereits in den letzten Jahren wurde mit SharePoint Server SE und Project Server SE ein vergleichbares Modell eingeführt: Weg von zeitlich begrenzten Versionen, hin zu einem Evergreen-Ansatz mit kontinuierlichen Cumulative Updates und zwingender Subskription.

Diese Entwicklung zeigt deutlich, dass Microsoft On-Premises-Lösungen weiterhin adressiert – allerdings zu Bedingungen, die stark an das Cloud-Modell angelehnt sind. Die technischen Parallelen (Lifecycle Policy, Support nur bei aktiver Subscription, CU-Zyklen) und die ökonomischen Vorgaben (jährliche Kostenpflicht, Vertragsbindung) spiegeln das Cloud-Paradigma auf lokale Umgebungen zurück.

Für IT-Strategen ergibt sich daraus eine wichtige Konsequenz: Exchange SE sollte nicht isoliert betrachtet werden. Vielmehr ist es sinnvoll, im Rahmen einer Gesamtstrategie zu evaluieren,

  • wie sich die On-Prem-Landschaft in den nächsten drei bis fünf Jahren entwickeln soll,
  • welche Rollen SharePoint, Skype for Business, SQL Server oder Windows Server künftig lokal spielen,
  • und ob ein langfristiger Betrieb unter SE-Bedingungen tragfähig oder strategisch hinderlich ist.

Gerade für Unternehmen mit Mischumgebungen (hybrid, lokal, SaaS) empfiehlt sich eine strukturierte Portfolioanalyse. Dabei sollte klar zwischen Compliance-Gründen für On-Prem, technischer Notwendigkeit und reinem Gewohnheitsbetrieb unterschieden werden.

Microsofts Strategie: On-Prem ja, aber nur mit Kontrolle

Die Subscription Edition ist keineswegs das Ende von On-Premises, wohl aber das Ende von dauerhaften Nutzungslizenzen. Microsoft verfolgt mit der SE das Ziel, On-Premises-Systeme enger an das Cloud-Modell anzugleichen. Updates, Patches und Support gibt es künftig nur noch bei aktiver Subskription. Wer nicht länger zahlt, erhält keine Sicherheitsaktualisierungen mehr und verliert perspektivisch auch den Supportzugang. Dieses Modell schafft Planbarkeit auf Seiten Microsofts, bedeutet aber gleichzeitig Kontrollverlust für viele Kunden, insbesondere bei Budgethoheit und Updatezyklen.

Dabei ist der Zeitpunkt bewusst gewählt: Die Mainstream-Unterstützung für Exchange Server 2016 und 2019 läuft im Oktober 2025 aus. Mit der SE-Strategie schafft Microsoft eine fortsetzbare Perspektive für Bestandskunden – allerdings zu veränderten Spielregeln. Wichtig dabei: Der Wechsel auf SE erfolgt zu einem Zeitpunkt, an dem die Koexistenz mit Exchange 2013 bereits beendet ist. Spätestens mit CU2 (voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte 2026) wird auch die Unterstützung für Exchange 2016 und 2019 im SE-Kontext entfallen. Unternehmen, die mit hybriden Szenarien oder längerfristigen Migrationsphasen planen, sollten diesen Zeithorizont unbedingt berücksichtigen.

Technische Grundlagen und Voraussetzungen

Hinweis: Einen detaillierten Überblick über den konkreten Upgrade-Prozess und die ersten technischen Erfahrungen mit Exchange Server SE finden Sie auch in meinem vorhergehenden Beitrag zum Thema „Exchange Server Subscription Edition (SE): Alles, was Sie jetzt wissen müssen

Wer auf Exchange SE wechseln möchte, benötigt zwingend Exchange Server 2019 mit installiertem CU13 oder höher. Der Wechsel erfolgt nicht über eine klassische Neuinstallation, sondern durch das Einspielen eines Subscription-Lizenzschlüssels. Dabei bleibt die Codebasis zunächst identisch, wird jedoch mit einem neuen Branding sowie Lizenzierungslogik versehen. Wichtig: Ohne gültige Subscription gibt es keine weiteren CUs oder Sicherheitsupdates mehr.

Exchange Server SE wurde mit CU14 offiziell als RTM-Version deklariert. Unternehmen, die noch Exchange 2016 betreiben, müssen zuerst eine Migration auf Exchange 2019 vollziehen, bevor ein Wechsel zur SE möglich ist. Ein direkter Wechsel ist technisch nicht vorgesehen. Die verbleibende Zeit bis zum Supportende im Oktober 2025 ist entsprechend knapp bemessen.

Skype for Business SE wiederum basiert funktional auf Version 2019, ebenfalls mit aktuellem CU. Auch hier erfolgt der Wechsel durch Lizenzaktivierung, nicht durch Neuinstallation. Die Codebasis bleibt unangetastet, es handelt sich de facto um ein Licensing & Lifecycle-Update. Für viele Unternehmen mit On-Prem-Voice-Infrastruktur ist diese SE-Variante ein klares Signal: Es gibt mittelfristig noch eine stabile Basis, neue Funktionen sind aber nicht zu erwarten.

Exkurs: Was geschieht bei abgelaufener Subscription?

Ein häufiger Irrglaube ist, dass Exchange Server SE nach Ablauf der Subscription komplett funktionslos wird. Das ist nicht der Fall – zumindest nicht sofort. Die bereits installierte Instanz bleibt lauffähig, allerdings:

  • Es gibt keine Sicherheitsupdates oder CUs mehr
  • Neue Benutzerpostfächer lassen sich unter Umständen nicht mehr korrekt lizenzieren
  • Der Zugriff auf den Microsoft-Support entfällt vollständig

Je nach Konfiguration kann es zu Warnmeldungen im Admin Center oder zu Einschränkungen in der Funktionalität kommen. Microsoft sieht aktuell keine automatische Grace Period vor. Deshalb ist dringend zu empfehlen, Subscription-Laufzeiten zu überwachen und Verlängerungen proaktiv einzuplanen.

Lizenzmodell und wirtschaftliche Aspekte

Mit der SE führt Microsoft eine kontinuierliche Subskription ein. Die Preise wurden zum Stichtag um rund 10 bis 20 Prozent erhöht (Server-Produkt, Core CAL, Enterprise CAL). Die bisherigen Kaufmodelle stehen nicht mehr zur Verfügung. Das bedeutet für viele IT-Abteilungen ein Umdenken: Lizenzmanagement wird zu einem laufenden Prozess mit Reportingpflichten, Fristenkontrolle und ggfs. automatisierter Verlängerung.

Unternehmen müssen daher prüfen, ob ihre vorhandene Infrastruktur technisch und organisatorisch bereits SE-tauglich ist. Auch aus Sicht der Lizenzverantwortlichen sind neue Prozesse notwendig: Das Abo darf nicht auslaufen, andernfalls drohen Sicherheitsrisiken durch nicht mehr verfügbare Patches. Microsoft stellt CUs und Sicherheitsupdates nur noch zur Verfügung, wenn eine gültige Subscription aktiv ist. Ein Versäumnis führt nicht nur zu einem Compliance-Problem, sondern kann mittel- bis langfristig auch die Systemstabilität gefährden.

Gleichzeitig setzt Microsoft mit der Preiserhöhung und der Lizenzbindung auch wirtschaftliche Anreize für den Wechsel in die Cloud. Exchange Online wird in offiziellen Dokumentationen immer wieder als bestes Nutzungserlebnis hervorgehoben. Zusätzlich ist bekannt, dass Microsoft in der Vergangenheit Legacy-Server (z.B. Exchange 2010/2013) aktiv vom Transportweg zu Exchange Online ausgeschlossen hat. Der Druck in Richtung Microsoft 365 bleibt somit real und zunehmend technisch gesteuert.

Exkurs: Lizenzfallen und organisatorische Herausforderungen

Mit der Umstellung auf das Subscription-Modell entstehen neue Anforderungen an interne Prozesse und Verantwortlichkeiten. Die folgenden Punkte sollten besonders beachtet werden:

  • Subscription-Keys müssen aktiv eingespielt werden – ein vergessener Schritt führt nicht zu einem automatischen Wechsel.
  • CALs müssen im Hybridbetrieb (z.B. Exchange + Exchange Online) sauber abgegrenzt und revisionssicher dokumentiert sein.
  • Lizenzverantwortliche sollten Zugriff auf alle relevanten Vertragsdaten haben, insbesondere bei CSP- oder Volumenlizenzmodellen mit Verlängerungszyklen.

Gerade in größeren Organisationen ist es ratsam, das Lizenzmanagement in eine dedizierte ITAM-Lösung zu integrieren. Nur so lassen sich Laufzeiten, Kostenstellen und Compliance dauerhaft sicherstellen.

Sicherheits- und Betriebskontext

Ein Vorteil des SE-Modells liegt in der besseren Planbarkeit von Sicherheitsupdates und Feature-Rollouts. Microsoft wird künftig auf eine quartalsweise Aktualisierung setzen, analog zum Modern Lifecycle Policy-Ansatz aus der Cloud-Welt. Für Kunden bedeutet das: Die eigene IT-Infrastruktur muss CI/CD-fähig gemacht werden, idealerweise mit Testumgebungen für CU-Vorabtests und Rollback-Möglichkeiten. Wer heute noch ohne Deployment-Strategie arbeitet, wird mittelfristig Schwierigkeiten bekommen.

Zugleich steigen die Anforderungen an technische Härte: TLS 1.2/1.3, moderne Authentifizierungsverfahren, sichere Standardeinstellungen und optimierte Hybrid-Schnittstellen werden in SE vorausgesetzt. Der Betrieb wird damit nicht nur transparenter, sondern auch sicherheitsorientierter – sofern die Voraussetzungen geschaffen sind. Zusätzlich wird die Coexistenz mit älteren Exchange-Versionen explizit durch Microsoft eingeschränkt: Ab CU2 wird keine Parallelfähigkeit mehr zu Exchange 2016/2019 garantiert. Dies hat unmittelbare Folgen für alle, die bislang auf stufenweise Migration setzen.

Deep Dive: CU-Zyklen strategisch absichern

Die quartalsweisen CUs bedeuten für viele Unternehmen eine Umstellung im Betriebsablauf. Um Update-Risiken zu minimieren, empfiehlt sich folgender Ansatz:

  • Aufbau einer separaten Staging-Umgebung zur Vorabinstallation jeder neuen CU
  • Verwendung automatisierter PowerShell-Skripte zur Validierung von Services, Mailflow und Zertifikaten vor und nach dem CU-Einspielen
  • Rollback-Konzepte vorbereiten, etwa durch VM-Snapshots oder systematische Backup-Pläne

Darüber hinaus sollten Change-Management-Prozesse an die neue Kadenz angepasst werden. Ein fester Slot pro Quartal – beispielsweise im Wartungsfenster am Monatsende – kann dabei helfen, Planbarkeit und Sicherheit in Einklang zu bringen.

Was bedeutet das für den Skype-for Business Server?

Die Verfügbarkeit von Skype for Business Server SE ist als Signal zu verstehen: Microsoft lässt On-Premises-UC nicht sofort fallen, plant aber offensichtlich keinen aktiven Ausbau mehr. Die SE-Version bringt keine neuen Funktionen, sondern lediglich eine verlängerte Lebensdauer. Der Support ist laut Microsoft mindestens bis 2030 gesichert – ob es darüber hinaus neue Versionen geben wird, ist fraglich. Unternehmen mit Voice-On-Prem-Anforderungen (z.B. im Behördensektor oder bei hoher Datenschutzpflicht) haben so zumindest mittelfristig Planungssicherheit. Die technische Umstellung auf SE ist unkompliziert: Skype SE basiert auf CU8HF1 (Stand: März 2025) und kann in-place aktiviert werden.

Exkurs: Skype SE oder Teams? Eine Entscheidung mit Perspektive

Auch wenn Skype for Business Server SE noch bis mindestens 2030 unterstützt wird, ist mittelfristig mit einem Funktionsstillstand zu rechnen. Wer heute noch auf Skype setzt, sollte die folgenden Kriterien kritisch prüfen:

  • Besteht weiterhin ein Bedarf an On-Prem-Voice, z.B. durch DECT- oder lokale PBX-Integrationen?
  • Sind Datenschutzauflagen oder Betriebsvereinbarungen ein Hinderungsgrund für Teams?
  • Welche Lizenzmodelle sind langfristig günstiger – insbesondere im Zusammenspiel mit M365 E3/E5?

Die Migration zu Teams – insbesondere mit Direct Routing oder Operator Connect – sollte zumindest strategisch vorbereitet sein. Skype SE bietet eine Brücke, aber keinen Ersatz für moderne Collaboration-Plattformen.

Exchange SE im KMU-Kontext – lohnt sich der Aufwand?

Für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) stellt sich im Kontext von Exchange Server SE eine besonders kritische Frage: Ist der Umstieg auf das neue Subskriptionsmodell tatsächlich wirtschaftlich und organisatorisch sinnvoll? Denn anders als Großunternehmen verfügen KMU häufig nicht über dedizierte IT-Abteilungen oder automatisierte Deployment- und Monitoring-Prozesse.

Einige Überlegungen, die Sie in diesem Zusammenhang anstellen sollten:

  • Wartungsaufwand versus Sicherheitsgewinn: Die quartalsweise notwendigen CUs erfordern Test, Planung und Dokumentation. Ohne klare Verantwortlichkeiten im Haus kann dies zur Überforderung führen – oder zu gefährlichen Updateverzichten.
  • Lizenzpflege und Vertragsbindung: Während Großunternehmen oft Rahmenverträge nutzen, müssen KMU Subscription-Verträge aktiv überwachen und verlängern. Ein verpasster Zyklus kann unmittelbar zu Risiken führen.
  • Kostentransparenz: Die jährlichen Kosten für SE (inkl. CALs) liegen oft über dem, was bei älteren perpetual-basierten Lizenzen als einmaliger Aufwand galt. Hier lohnt ein Vergleich mit Exchange Online – gerade bei unter 200 Postfächern.

Trotzdem kann Exchange SE auch für KMU sinnvoll bleiben – etwa bei hohem Datenschutzbedarf, starkem Integrationsgrad mit Drittsystemen oder eingeschränkter Internetanbindung. Die Entscheidung sollte daher nicht nur technisch, sondern auch betriebswirtschaftlich betrachtet werden.

Empfehlungen für Entscheider und Administratoren

  1. Infrastruktur prüfen: Ist CU13 bei Exchange 2019 bereits installiert? Lässt sich der SE-Schlüssel ohne Hindernisse einspielen?
  2. Lizenzprozesse anpassen: Subscription-Abläufe automatisieren, Fristen dokumentieren, Verlängerungszyklen einbinden
  3. Sicherheitsstrategie verschärfen: TLS- und OAuth-Implementierung prüfen, sichere Standardwerte etablieren
  4. CU-Testing etablieren: Vor dem Rollout in der Produktivumgebung unbedingt in Staging testen
  5. Hybrid-Szenarien evaluieren: Kompatibilität zu Microsoft 365 überprüfen, v. a. im Bereich Authentifizierung und Directory Sync
  6. Koexistenz-Ende einplanen: CU2 (voraussichtlich H2 2026) wird die Unterstützung für Exchange 2016/2019 im SE-Modell beenden
  7. Migrationsdruck realistisch bewerten: Exchange Online bleibt mittelfristig bei Microsoft im Fokus; auch technische Restriktionen (Transportweg-Blockaden) könnten zunehmen

Fazit

Die Produkte Exchange Server SE und Skype for Business Server SE markieren eine Zäsur: Microsoft verabschiedet sich faktisch vom klassischen On-Prem-Geschäftsmodell und bringt die verbleibenden Serverprodukte in ein kontrolliertes Subscription-Format. Wer diese Entwicklung als Chance begreift und seine Systeme frühzeitig anpasst, gewinnt Sicherheit, Planbarkeit und Supportkontinuität. Wer jedoch an alten Lizenz- und Wartungsmustern festhält, wird in absehbarer Zeit ins Hintertreffen geraten. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um die Weichen zu stellen – technisch, wirtschaftlich und strategisch.

Die verbleibenden Monate bis Oktober 2025 sind entscheidend: Unternehmen müssen jetzt handeln, um ihre Systeme fit für das neue Modell zu machen und nicht von der Updateversorgung abgeschnitten zu werden. Die Option auf eine stabile On-Premises-Welt bleibt erhalten – aber nur für jene, die bereit sind, sich auf die neuen Regeln einzulassen.

Ausblick: Was kommt danach?

Die strategische Neuausrichtung Microsofts betrifft nicht nur Exchange und Skype for Business. Auch andere Serverprodukte stehen zur Disposition:

  • SharePoint und Project Server sind bereits in SE-Modellen verankert.
  • Windows Server 2025 wird zwar noch als klassische LTSC-Version erscheinen – langfristig ist aber unklar, ob ein SE-Ansatz nicht auch hier eingeführt wird.
  • SQL Server gilt bislang als letzter großer On-Prem-Baustein ohne SE-Modell – wie lange noch?

Unternehmen mit starkem On-Premises-Fokus sollten diese Entwicklungen genau beobachten. Es spricht viel dafür, dass Microsoft langfristig auf einheitliche Subscription-Mechanismen für alle Kernserverdienste setzt – mit allen Chancen, aber auch Risiken.

Der Handlungsspielraum ist aktuell noch vorhanden – aber die Zeit für strategische Klarheit läuft. Wer heute proaktiv entscheidet, bleibt auch morgen technologisch souverän.