Vom Copilot zum autonomen Agenten – Copilot Studio in der Praxis

Die Einführung von Microsoft Copilot hat den Arbeitsalltag vieler Benutzer:innen bereits grundlegend verändert – durch die Integration intelligenter Assistenten direkt in Microsoft 365 und Dynamics 365. Doch während diese Assistenten bislang vor allem auf einfache Anfragen reagieren und generative Inhalte erzeugen, steht mit Copilot Studio eine neue Entwicklungsstufe bereit: die Transformation vom statischen KI-Helfer zum autonomen, handlungsfähigen Agenten.

Microsoft verfolgt mit dieser Plattform eine klare Vision: Geschäftsprozesse nicht nur zu unterstützen, sondern durch proaktive, kontextbewusste und automatisierte Agentenlösungen in einem neuen Maßstab zu optimieren. Diese Agenten interagieren nicht nur mit Benutzer:innen, sondern führen Aktionen durch, greifen auf Geschäftsdaten zu, treffen Entscheidungen – und das unter Berücksichtigung von Sicherheit, Datenschutz und Governance.

In diesem Beitrag werfen wir einen praxisnahen Blick auf Copilot Studio. Wir analysieren die zugrunde liegende Architektur, erläutern das Agentenmodell, beleuchten sicherheitsrelevante Aspekte und zeigen, welche Anwendungsszenarien heute bereits produktiv realisiert werden können. Dabei bauen wir auf dem vorhergehenden Beitrag zu Copilot in Microsoft 365 und Dynamics 365 auf und erweitern diesen gezielt um die technischen und organisatorischen Fragestellungen, die für IT-Verantwortliche und Entscheider:innen in Unternehmen relevant sind.

Was Sie in diesem Beitrag erwartet:

  • Wie Copilot Studio Agenten aufgebaut sind und welche Komponenten sie benötigen
  • Welche Sicherheits- und Governance-Aspekte berücksichtigt werden müssen
  • Konkrete Praxisbeispiele für den Einsatz im Unternehmen
  • Die Zukunft von Power Virtual Agents im Lichte der neuen Plattform
  • Handlungsempfehlungen für Administrator:innen und Projektverantwortliche

Was ist Copilot Studio?

Mit Copilot Studio schafft Microsoft eine zentrale Entwicklungsumgebung, um individuelle, KI-gestützte Agenten zu erstellen, die weit über die Fähigkeiten herkömmlicher Bots hinausgehen. Diese Agenten agieren nicht nur reaktiv auf Benutzeranfragen, sondern agieren autonom, initiieren Prozesse, greifen auf Datenquellen zu und treffen regelbasierte Entscheidungen. Die Plattform ist damit ein essenzieller Baustein in Microsofts Strategie, den Copilot von einem statischen Assistenten zu einem handlungsfähigen Unternehmensagenten weiterzuentwickeln.

Abgrenzung: Copilot Studio vs. Power Virtual Agents

Viele Administrator:innen und Entwickler:innen kennen bereits Power Virtual Agents (PVA) – insbesondere im Kontext der Power Platform. Copilot Studio ist nicht nur ein Rebranding, sondern vielmehr eine Weiterentwicklung mit grundlegend neuen Konzepten:

Merkmal

Power Virtual Agents

Copilot Studio

Autonomiegrad

Reaktiv

Proaktiv, situativ, adaptiv

Benutzeroberfläche

Themenbasiert, linear

Canvas-basiert, frei modellierbar

Datenanbindung

Power Platform Connectors

OpenAI, Graph, REST, SharePoint, Dynamics, etc.

Intelligenz

Dialogführung mit Triggern

Zielorientierte Agenten mit eigenem Gedächtnis

Zielsetzung

FAQ, einfache Automatisierung

Prozessführung, Aufgabensteuerung, Analyse

Microsoft selbst spricht von einem No-Code- / Low-Code-Canvas für generative Agenten, der auf Azure OpenAI, dem Dataverse, Power Automate und Microsoft Graph basiert – ein deutlich mächtigeres Fundament als zuvor.

Zentrale Bestandteile eines Copilot Studio Agenten

Ein Agent besteht aus mehreren modularen Elementen, die im Zusammenspiel komplexe Aufgaben automatisiert abbilden können:

  • Agent Memory: Speicherung von Gesprächsverläufen und Kontext über mehrere Sitzungen hinweg
  • Fähigkeiten (Skills / Actions): Welche Aktionen darf der Agent ausführen? (z.B. E-Mails versenden, Tickets anlegen, Daten abfragen)
  • Sicherheits- und Zugriffskontext: Anbindung an Microsoft Entra (vormals Azure AD) zur Authentifizierung, Rollensteuerung und Protokollierung
  • Systemverhalten und Eingabeaufforderungen (Prompt Engineering): Konfigurierbare Systeminstruktionen
  • Zieldefinition (Goal): Was soll der Agent erreichen?

Exkurs: Prompt Engineering in Copilot Studio – Systemverhalten gezielt steuern

Prompt Engineering ist das Rückgrat jedes generativen Agenten – auch in Copilot Studio. Während Benutzer:innen oft nur die Eingabefelder im Chat sehen, definiert das eigentliche Verhalten des Agenten sich über Systemprompts, die im Hintergrund ausgeführt werden. Diese beeinflussen, wie ein Agent denkt, formuliert, priorisiert und auf Grenzen achtet.

Benutzerprompts vs. Systemprompts

  • Benutzerprompts entstehen dynamisch im Gespräch – und werden durch das Agentenverhalten interpretiert und ergänzt
  • Systemprompts sind feste Instruktionen, die beim Start des Agenten wirken: Tonalität, Formulierungsstil, inhaltliche Prioritäten, Tabuthemen

Beispiel für einen Systemprompt im Support-Kontext:

„Antworte stets präzise, freundlich und hilfsbereit. Nutze, wenn möglich, interne Richtlinien oder verweise auf offizielle IT-Dokumentation im Intranet. Frage bei unklaren Aussagen aktiv nach.“

Best Practices für Prompts in Copilot Studio

Ziel Empfehlung
Begrenzung auf bestimmte Themen Klare thematische Vorgaben: „Nur IT-bezogene Fragen beantworten.
Datenschutz und Sprache filtern Verbotene Inhalte oder Begriffe im Prompt ausschließen
Eskalationsverhalten definieren Beispiel: „Wenn Nutzer:in dreimal dieselbe Frage stellt, verweise auf den Helpdesk.
Konsistente Tonalität Systemprompt mit Stilvorgabe (z.B. sachlich, kollegial, lösungsorientiert)

Sicherheit durch Prompt-Firewalls

Ein wesentliches Feature in Copilot Studio ist die Möglichkeit, mit sogenannten Prompt Firewalls oder Moderationsmechanismen zu arbeiten:

  • Eingabeaufforderungen können gefiltert oder angepasst werden, bevor sie zur Verarbeitung gelangen
  • In Kombination mit den Content Safety Services entsteht so ein zusätzlicher Schutz vor Fehlverhalten
  • Inhalte lassen sich klassifizieren: z.B. vertraulich, unklar, sensibel

Prompt Engineering als Governance-Werkzeug

Durch gezieltes Prompt Design lassen sich nicht nur Antworten formen, sondern auch Regelwerke, Rollenbilder und Unternehmenswerte abbilden. Insofern wird Prompt Engineering Teil der Governance – besonders dann, wenn Agenten im Namen des Unternehmens auftreten oder mit sensiblen Daten arbeiten.

Weiterführende Grundlagen und Beispiele finden sich auch Blog-Beitrag
KI für alle – Modelle, Einsatzfelder, Verantwortung

Warum ist das wichtig?

Durch die Kombination aus generativer KI, Zugriff auf Geschäftsdaten und rollenbasiertem Sicherheitsmodell entsteht mit Copilot Studio eine neue Klasse von Unternehmensanwendungen – flexibel, lernfähig, skalierbar. Die Plattform eignet sich ideal für Szenarien wie:

  • HR-Copiloten, die Onboarding-Prozesse begleiten
  • Support-Agenten, die First-Level-Tickets automatisiert klassifizieren und lösen
  • Vertriebsunterstützer, die Kundendaten analysieren und passende Angebote erstellen

Und das Beste: Diese Agenten sind nicht nur im Browser verfügbar, sondern lassen sich nahtlos in Microsoft Teams, Dynamics 365 oder als Web-Komponenten einbetten.

Im nächsten Abschnitt steigen wir tiefer in die technische Architektur und den Aufbau von Agenten ein – inklusive ihrer Einbettung in bestehende Microsoft-365- und Power-Platform-Umgebungen.

Architektur von Copilot Studio Agenten

Der entscheidende Unterschied zwischen klassischen Bots und den neuen Agenten in Copilot Studio liegt in ihrem Aufbau: Statt lediglich auf Trigger zu reagieren, kombinieren diese Agenten eine Zielorientierung, situationsbezogene Entscheidungslogik, KI-Fähigkeiten und Kontextgedächtnis zu einem intelligenten Handlungsrahmen.

In diesem Abschnitt werfen wir einen strukturierten Blick auf die technische und konzeptionelle Architektur dieser Agenten.

Komponenten eines Copilot Studio Agenten

Microsoft beschreibt Agenten als eine Kombination aus vier zentralen Elementen:

Komponente

Beschreibung

Goal

Das übergeordnete Ziel des Agenten – z.B. „Löse Support-Anfrage

Skills / Actions

Konkrete Aktionen, die der Agent ausführen kann – z.B. „Erstelle Ticket“, „Suche FAQ

Memory

Kontextspeicher, in dem Gesprächsinhalte und Nutzerinformationen über Sitzungen hinweg gespeichert werden

Safety / Control

Sicherheits- und Zugriffsebenen, Auditing, Rollenberechtigungen via Entra ID

Diese Architektur ist bewusst modular gehalten – Administrator:innen und Entwickler:innen können zielgerichtet Funktionen hinzufügen oder einschränken, je nach Anwendungsszenario.

Technologische Schichten (Layered View)

Um die technische Umsetzung zu verstehen, lohnt sich ein Blick auf die Schichtenarchitektur eines typischen Copilot Studio Agenten:

  1. Interaktionsschicht
    • Benutzer:innen kommunizieren über Microsoft Teams, Webchat, Outlook oder eingebettete Komponenten
    • Adaptive Cards und kontextbezogene Prompts zur dynamischen Benutzerführung
  2. Logikschicht (Agentenverhalten)
    • Agent Canvas: No-/Low-Code-Bausteine für Entscheidungslogik, Prompt-Verarbeitung und Skill-Kombination
    • Systemverhalten über initiale Prompts steuerbar (System Instructions)
  3. Fähigkeitsschicht (Skills / Actions)
    • Zugriff auf Microsoft Graph, Power Automate, Azure OpenAI, Dynamics 365 oder benutzerdefinierte APIs
    • Integration bestehender Flows und Connectors aus der Power Platform
  4. Datenschicht (Context / Memory)
    • Speicherung von Nutzerkontext im Agent Memory
    • Verbindung zu strukturierten Datenquellen wie SharePoint, Dataverse, SQL oder Excel Online
  5. Sicherheit und Governance
    • Authentifizierung und Autorisierung über Microsoft Entra ID
    • Datenrichtlinien, Audit-Logging, Inhaltsmoderation (Content Safety Services)
    • Tenant-spezifische Governance-Richtlinien für Deployment und Zugriff

Architekturdiagramm

Die folgende Abbildung fasst den Aufbau eines Copilot Studio Agenten übersichtlich zusammen. Sie zeigt den Weg von der Benutzerinteraktion bis hin zu Sicherheits- und Governance-Schichten:

Wann ist ein solcher Architekturansatz sinnvoll?

Der modulare Aufbau erlaubt es, einfach zu starten und schrittweise komplexere Logik oder Sicherheitsanforderungen zu integrieren. Typische Einsatzfelder:

  • First-Level-Automatisierung mit Eskalationspfad
  • Serviceprozesse, bei denen mehrere Systeme orchestriert werden (z.B.  Asset-Management, ITIL-Prozesse)
  • Vertriebsagenten, die auf CRM-Daten zugreifen und Angebote vorbereiten

Im nächsten Abschnitt betrachten wir, wie Governance, Sicherheit und Compliance in der Praxis umgesetzt werden – denn gerade bei KI-Agenten ist Vertrauen eine technische Disziplin.

Sicherheit und Governance

Mit der zunehmenden Autonomie von KI-Agenten wächst auch die Verantwortung: Sobald ein Agent nicht mehr nur antwortet, sondern selbstständig handelt – etwa Daten abruft, Prozesse startet oder Entscheidungen trifft – rücken Sicherheitsmechanismen und Governance-Modelle ins Zentrum jeder produktiven Umsetzung.

Microsoft trägt dieser Entwicklung in Copilot Studio Rechnung, indem mehrschichtige Kontroll- und Schutzfunktionen bereitgestellt werden – von der Authentifizierung über Inhaltsmoderation bis hin zur Nachvollziehbarkeit aller Aktionen.

Sicherheit beginnt bei Identität: Entra ID

Die zentrale Rolle spielt – wie in nahezu allen Microsoft 365 Workloads – Microsoft Entra ID (ehemals Azure AD). Agenten führen Aktionen im Namen von Benutzer:innen oder im Kontext eines Dienstprinzips aus. Damit lassen sich:

  • Bedingte Zugriffe (Conditional Access) und MFA verpflichtend definieren
  • Sicherheitsgruppen und dynamische Zuweisungen verwenden
  • Sitzungen überwachen und bei Regelverstößen automatisch beenden
  • Zugriffsrechte rollenbasiert einschränken (RBAC)

Protokollierung und Nachvollziehbarkeit

Jede Aktion eines Agenten kann protokolliert und ausgewertet werden – etwa über:

  • Audit-Logs in Microsoft Purview / Entra
  • Conversation Transcripts und Debugging-Protokolle in Copilot Studio
  • Usage Analytics für Governance- und Betriebsverantwortliche

Diese Transparenz ist essenziell für Unternehmen mit Compliance-Anforderungen (z.B. DSGVO, ISO 27001, TISAX).

Inhaltsmoderation und Sicherheitsrichtlinien

Um potenzielle Fehlverhalten oder kritische Inhalte zu vermeiden, lassen sich Inhalte entlang der Microsoft Content Safety Services prüfen und kontrollieren:

  • Allow/Deny-Listen für Skills, Konnektoren oder Domains
  • Moderations-API: automatisierte Prüfung auf unangemessene oder vertrauliche Inhalte
  • Prompt Filtering: Systemanweisungen begrenzen den Handlungsspielraum des Agenten

Agenten können so gezielt auf bestimmte Datenbereiche oder Funktionen beschränkt werden – z.B. nur Zugriff auf FAQ-Inhalte, aber nicht auf Kundendaten.

Datenschutz und organisatorische Verantwortung

Auch der Datenschutz ist integraler Bestandteil der Agenten-Governance. Administrator:innen sollten u.a. beachten:

  • Welche personenbezogenen Daten fließen durch den Agenten? (z.B. bei Onboarding-Szenarien)
  • Welche Speicherfristen, Löschkonzepte und Einwilligungen sind notwendig?
  • Wer ist verantwortlich für die Trainingsdaten und Prompt-Konfigurationen?
  • Wo werden Gedächtnisinhalte (Memory) gespeichert? – z.B. Dataverse, SharePoint, Azure

Gerade bei speichernden Agenten (memory-enabled) ist eine enge Abstimmung mit Datenschutzbeauftragten und Betriebsrat unerlässlich.

Governance im Unternehmenskontext

Die Einführung von Copilot Studio Agenten sollte als organisatorisch begleitetes Projekt aufgesetzt werden – mit klaren Leitlinien für:

  • Entwicklung (z.B. durch Citizen Developer:innen vs. IT)
  • Freigabeprozesse (z.B. über Dev–Test–Prod-Umgebungen)
  • Schulung und Verantwortungsträger:innen
  • Sicherheitsrichtlinien und Rollenkonzepte

Nur mit einem geregelten Framework kann die Plattform im Unternehmen nachhaltig, sicher und skalierbar betrieben werden.

Im nächsten Abschnitt durchleuchten wir, wie diese Agenten in konkreten Anwendungsszenarien eingesetzt werden – von IT-Support über HR bis zum Vertrieb.

Exkurs: Governance-Rollenmodell in Copilot Studio – Wer darf was?

Der Erfolg von Copilot Studio im Unternehmensumfeld hängt maßgeblich davon ab, wer Agenten entwickeln, testen, freigeben und betreiben darf. Ein sauberes Rollenmodell ist nicht nur für die Governance essenziell, sondern auch für Skalierbarkeit, Sicherheit und klare Verantwortlichkeiten im Team.

Copilot Studio baut auf den bekannten Rollen und Strukturen der Power Platform und Microsoft 365 auf – ergänzt um agentenspezifische Berechtigungen und Umgebungsrichtlinien.

Zentrale Rollen im Überblick

Makers (Entwickler:innen / Ersteller:innen)

  • Definieren Ziele, Memory-Felder, Prompts und Aktionen
  • Erstellen und konfigurieren Agenten im Copilot Studio Canvas
  • Können Skills und Datenquellen anbinden (je nach Berechtigung)

Typisch: Power-User, Fachbereichsmitarbeitende mit Low-Code-Erfahrung, Citizen Developer:innen

Tester:innen (z.B. Projektteams, Fachbereiche)

  • Führen Agenten in dedizierten Testumgebungen aus
  • Geben Feedback zur Funktionalität und Logik
  • Haben keine Änderungsrechte am Canvas, aber Zugriff auf Protokolle und Memory-Daten

Typisch: Endnutzer:innen im Pilotbetrieb, Key User, Fachverantwortliche

Approver / Reviewer

  • Können mit automatisierten Workflows (z. B. Power Automate) eingebunden werden
  • Kontrollieren Sicherheit, Datenfluss, Prompt-Inhalte
  • Prüfen und genehmigen Agenten vor dem Deployment (manuell oder automatisiert)

Typisch: IT-Security, Datenschutz, Bereichsleitung

Admins / Environment Admins

  • Legen Umgebungen an, verwalten Kapazitäten, Lizenzen und Konnektoren
  • Steuern Rollenzuweisung, Policies, Deployment-Zyklen
  • Verantwortlich für übergreifende Governance-, Audit- und Supportkonzepte

Typisch: IT-Abteilung, M365-/Power-Platform-Admins

Integration in bestehende Governance-Modelle

Die Rollen lassen sich ideal kombinieren mit bestehenden Power Platform Governance-Ansätzen, z.B.:

  • Automatisierte Freigabeflows via Power Automate, z.  bei Agentenänderungen oder Veröffentlichungen
  • Einsatz von Data Loss Prevention Policies (DLP) zur Kontrolle sensibler Konnektoren
  • Managed Environments mit erweiterten Audit- und Monitoringfunktionen
  • Umgebungsbasierte Trennung von Entwicklung, Test und Produktion

Empfehlung für strukturierte Einführung

Schritt Ziel
Approval-Workflows etablieren Governance dokumentieren und revisionssicher umsetzen
Regelmäßige Schulung und Rollenklarheit Nutzer:innen befähigen, Fehlkonfigurationen vermeiden
Rollenmodell definieren Wer darf was – abhängig von Teamstruktur und Reifegrad
Test- und Produktivumgebungen trennen Klarer Übergang, saubere Deployment-Pfade
Zugriffsrechte in Entra ID steuern Agentenzugriff, Datenzugriffe, Konnektorberechtigungen

Governance in Copilot Studio endet nicht bei der Rollenvergabe oder beim Audit-Protokoll. Wie in diesem Blog-Beitrag ausführlich beschrieben, gehört zu einer ganzheitlichen Governance auch:

  • Dokumentation der Prompt-Logik und Systemverhalten als Teil des Agenten-Designs
  • Einbindung von Datenschutzbeauftragten, Betriebsrat und Fachbereichen bereits vor dem Rollout
  • Festlegung von Verantwortlichkeiten für KI-Ausgaben und Entscheidungen
  • Regelmäßige Risikoabschätzung – etwa bei Agenten, die Zugriff auf sensible Daten haben

Nur durch die Kombination aus technischer, organisatorischer und ethischer Steuerung entsteht ein verantwortungsvoller Umgang mit autonomen Agenten im Unternehmenskontext.

Szenarien aus der Praxis

Theorie ist gut – aber was bringt Copilot Studio in der gelebten Unternehmensrealität? Genau an dieser Stelle entfaltet die Plattform ihr volles Potenzial: Sie erlaubt es, wiederkehrende, manuell aufwändige Prozesse intelligent zu automatisieren – mit klarer Benutzerführung, sicherem Datenzugriff und KI-gestützter Entscheidungskompetenz.

Die folgenden Beispiele zeigen typische Anwendungsszenarien, die sich mit Copilot Studio effizient umsetzen und an spezifische Anforderungen anpassen lassen.

HR-Onboarding-Agent: Der smarte Einstieg für neue Mitarbeitende

Ziel:

Begleitung neuer Kolleg:innen durch den Onboarding-Prozess – personalisiert, interaktiv, integriert.

Funktionen:

  • Der Agent begrüßt neue Teammitglieder über Teams
  • Erfasst Rückfragen und Feedback automatisch
  • Führt durch erforderliche Schritte (Account-Setups, Sicherheitsunterweisungen, Tool-Einweisungen)
  • Greift auf SharePoint, Viva Learning, Planner und Outlook zu

Vorteile:

  • Messbarkeit und Nachverfolgbarkeit aller Schritte
  • Reduktion von Rückfragen und manuellen HR-Aufgaben
  • Strukturierter, skalierbarer Onboarding-Prozess

IT-Support-Agent: Tickets klassifizieren, lösen, eskalieren

Ziel:

Entlastung des First-Level-Supports durch einen Agenten, der einfache Anfragen erkennt, Lösungsvorschläge unterbreitet und bei Bedarf eskaliert.

Funktionen:

  • Der Agent prüft FAQ-Datenbank, erkennt häufige Fehlerbilder
  • Erstellt ggf. automatisch ein Ticket im ITSM-System (z.B. Jira, ServiceNow oder Power Apps)
  • Eskalation an menschlichen Support bei fehlender Lösung
  • Nutzer:innen melden Probleme via Teams oder Outlook („Mein VPN funktioniert nicht“)

Vorteile:

  • Einheitliche Kommunikation
  • Entlastung des Helpdesk-Teams
  • Schnelle Bearbeitung einfacher Anfragen

Vertriebs-Assistenz-Agent: Angebote vorbereiten mit Dynamics 365

Ziel:

Unterstützung im Vertriebsprozess – von der Kundenvorbereitung bis zur Angebotserstellung.

Funktionen:

  • Der Agent identifiziert über Dynamics 365 potenzielle Leads oder Opportunities
  • Erstellt individuelle Angebotsdokumente auf Basis von Vorlagen und Produktdaten
  • Prüft auf Budgetfreigaben und Eskalationsregeln
  • Versendet das Angebot über Outlook und protokolliert alles im CRM

Vorteile:

  • Beschleunigung des Vertriebszyklus
  • Konsistente Dokumentenerstellung
  • Verbesserte CRM-Qualität

Weitere denkbare Anwendungsfelder

  • Facility-Management-Agent, der Wartungsaufträge automatisch terminiert und dokumentiert
  • Marketing-Copilot, der Zielgruppenanalysen mit Daten aus CRM und Power BI erstellt
  • Rechts- und Compliance-Agent für DSGVO-Themen oder Datenschutzschulungen

Hinweis: Die Umsetzung dieser Szenarien gelingt besonders gut, wenn bestehende Power Automate Flows, Microsoft Graph API-Zugriffe und rollenbasierte Sicherheitsmodelle in das Agentenverhalten integriert werden.

Im nächsten Schritt werfen wir einen Blick auf ein Thema, das viele deiner Leser:innen aktuell beschäftigt: Was passiert mit bestehenden Power Virtual Agents? – und wie lässt sich der Umstieg sinnvoll gestalten.

Migration von Power Virtual Agents: Status und Optionen

Mit der Einführung von Copilot Studio stellt sich für viele Unternehmen die Frage:
Was passiert mit meinen bestehenden Power Virtual Agents (PVA)?
Ist ein Umstieg notwendig, optional – oder gar unausweichlich?

Die Antwort ist differenziert – und hängt stark vom Anwendungsfall, der eingesetzten Architektur und der geplanten Weiterentwicklung ab. Dieser Abschnitt bietet Orientierung, wo wir aktuell stehen und wie der Migrationspfad aussehen kann.

Aktueller Status (Stand: Mitte 2025)

  • Copilot Studio = Nachfolger von Power Virtual Agents, jedoch nicht als reines Rebranding – es handelt sich um eine technologisch deutlich erweiterte Plattform.
  • Bestehende PVA-Bots bleiben zunächst voll funktionsfähig und werden weiterhin unterstützt.
  • Microsoft bietet für viele PVA-Bots bereits eine optionale Migration in das neue Copilot Studio Canvas – teils automatisiert, teils manuell.

Tipp: Im Admin Center der Power Platform ist erkennbar, welche Bots migriert werden können und welche Anpassungen erforderlich sind.

Unterschiede in Architektur und Bedienung

Der Wechsel von Power Virtual Agents zu Copilot Studio ist nicht nur ein technisches Upgrade, sondern ein grundlegender Paradigmenwechsel. Während PVA auf einer linearen, triggerbasierten Dialoglogik basiert, verfolgt Copilot Studio einen ziel- und kontextorientierten Agentenansatz, der mit modernen KI-Modellen arbeitet und wesentlich flexibler auf komplexe Anforderungen reagieren kann.

Das betrifft nicht nur die Benutzeroberfläche, sondern auch die Art, wie Daten angebunden, Gespräche gesteuert und Ergebnisse generiert werden. Um die Unterschiede greifbar zu machen, hier ein direkter Vergleich der wichtigsten Merkmale:

Merkmal

Power Virtual Agents

Copilot Studio

Integrationen

Standard-Connectors

Zugriff auf OpenAI, Graph, Azure, benutzerdefinierte Skills

Intelligenz

Q&A, Topics

Prompt-basierte Logik, Agenten mit Gedächtnis

Memory / Kontext

Nur innerhalb einer Sitzung

Memory über Sitzungen hinweg (Agent Memory)

Oberfläche

Themen-Trigger-Dialogmodell

Zielorientiertes Canvas-Modell mit KI-Integration

Zukunftssicherheit

Eingeschränkt

Strategische Plattform für KI-Agenten

Exkurs: Memory vs. Kontext – Agentengedächtnis richtig nutzen

Ein zentrales Unterscheidungsmerkmal zwischen klassischen Bots und den neuen Copilot Studio Agenten ist ihre Fähigkeit, sich über längere Konversationen hinweg zu erinnern – dank des sogenannten Agent Memory. Doch was genau wird gespeichert, wie funktioniert das und wo liegen die Risiken?

Kontext ist nicht gleich Memory

Viele Systeme arbeiten mit Kontext innerhalb einer Session – also z.B. so lange, wie eine Benutzer:in im Chat bleibt. Mit Memory hingegen kann ein Agent über mehrere Sitzungen hinweg Informationen speichern, wiederverwenden oder aktualisieren.

Begriff Beschreibung
Kontext Temporäre Gesprächsinhalte – verfügbar, solange die Session aktiv ist
Memory Persistente Informationen über Nutzer:innen, Absichten oder Vorgänge

Beispiel:

Ein Support-Agent merkt sich, dass eine Benutzerin kürzlich ein Ticket zu einem VPN-Problem geöffnet hat – und greift diese Information beim nächsten Kontakt automatisch auf.

Was speichert der Agent?

Copilot Studio erlaubt es, gezielt festzulegen, welche Informationen in den Memory geschrieben und gelesen werden dürfen. Typische Inhalte sind:

  • Benutzername, Abteilung, Standort
  • Letzte Anfragen oder Aktionen
  • Tickets, Auftragsnummern, Statusangaben
  • Vorlieben oder Sprachauswahl (z.B. „Antworten bitte auf Englisch“)

Der Zugriff erfolgt über deklarative Bausteine im Canvas („Speichere in Memory“, „Hole aus Memory“) – bei voller Kontrolle durch Entwickler:innen oder Admins.

Datenschutz und Kontrolle

Mit großem Potenzial kommt große Verantwortung – denn Memory bedeutet Speicherung personenbezogener Daten. Daher gilt:

  • Datenvermeidung: Nur speichern, was notwendig ist – keine unstrukturierten Texte oder sensible Inhalte
  • Löschkonzepte: Memory sollte regelmäßig überprüft und bei Inaktivität gelöscht werden
  • Transparenz: Nutzer:innen sollten darüber informiert werden, was gespeichert wird
  • Zugriffskontrolle: Wer darf Memory-Daten einsehen, verändern oder löschen?

Memory-Inhalte werden je nach Konfiguration in Dataverse, SharePoint oder Azure gespeichert – unter Einhaltung tenant-spezifischer Policies.

Empfehlungen für die Praxis

  • Beginne mit stateless-Agenten und füge Memory-Funktionen nur gezielt hinzu
  • Binde frühzeitig Datenschutzbeauftragte und Betriebsrat ein, wenn Memory produktiv genutzt wird
  • Dokumentiere, welche Felder gespeichert werden, mit welchem Zweck und wo
  • Nutze Memory zur Prozessverkürzung und Personalisierung, nicht zur Vollüberwachung

Durch den richtigen Einsatz von Memory können Agenten deutlich effizienter, persönlicher und nachhaltiger arbeiten – vorausgesetzt, Governance und Transparenz stimmen.

Migration in der Praxis

Die Entscheidung für oder gegen eine Migration sollte nicht pauschal, sondern szenariobasiert und strukturiert getroffen werden. Je nach Komplexität des bestehenden Power Virtual Agents, der eingesetzten Datenquellen und des gewünschten Zielbilds im Unternehmen kann der Aufwand unterschiedlich hoch ausfallen.

Microsoft stellt hierfür bereits unterstützende Tools und Assistenten bereit – dennoch ist eine technische und konzeptionelle Bewertung der bestehenden Lösung vorab ratsam.

  1. Kompatibilität prüfen:
  • Sind Topics stark linear und ohne komplexe Logik? → Migration oft problemlos
  • Verwenden die Bots benutzerdefinierte Flows, APIs oder adaptive Karten? → Anpassung erforderlich
  1. Migrations-Tooling nutzen:
  • Microsoft stellt eine Migrationsunterstützung bereit: Vorschau des Canvas, Kompatibilitätswarnungen, Konvertierungsassistent
  1. Entscheidung treffen:
  • Weiterbetrieb bei stabilen, etablierten FAQ- oder Servicelösungen
  • Migration bei Bots, die weiterentwickelt oder modernisiert werden sollen

Wann lohnt sich der Umstieg?

Ein Wechsel zu Copilot Studio bietet sich insbesondere in folgenden Szenarien an:

  • Wenn KI-gestützte Antworten auf Basis von Prompts oder OpenAI-Modellen erforderlich sind
  • Wenn eine Memory-Funktion zur Speicherung und Nutzung von Kontext über mehrere Interaktionen hinweg benötigt wird
  • Wenn die Agenten mit eigenen Skills und benutzerdefinierten Datenquellen erweitert werden sollen
  • Wenn der geplante Einsatzbereich eine strategische Skalierung in Unternehmensbereichen wie IT-Security, HR oder Vertrieb vorsieht

Lizenzierung und Roadmap

  • Die Lizenzierung orientiert sich künftig stärker an Copilot-Funktionalitäten, Power Platform-Kapazitäten und KI-Nutzung (Tokens, Memory).
  • Microsoft kommuniziert derzeit noch keinen Zwang zur Migration, empfiehlt aber mittelfristig den Umstieg, da alle Neuentwicklungen nur noch im Canvas erfolgen.

Im nächsten Abschnitt blicken wir über den Microsoft-Tellerrand hinaus: Wie positionieren sich andere Anbieter im Bereich Agentic AI? – und wie zukunftssicher ist Microsofts Ansatz im Wettbewerb mit OpenAI, Google oder Meta?

Ausblick: Agentic AI als Unternehmensstrategie

Mit dem Wandel vom reaktiven KI-Assistenten hin zum autonomen Agenten etabliert Microsoft eine neue Kategorie digitaler Werkzeuge: Agentic AI. Dabei geht es nicht mehr nur um das Generieren von Texten oder die Beantwortung von Anfragen, sondern um die Fähigkeit, Ziele zu verfolgen, Aktionen auszuführen, Entscheidungen zu treffen und dabei Kontext, Regeln und Sicherheit zu berücksichtigen.

Doch Microsoft ist nicht allein – auch andere Anbieter treiben vergleichbare Entwicklungen voran. Ein strategischer Blick auf den Markt hilft Unternehmen dabei, Copilot Studio einzuordnen und fundierte Entscheidungen für ihre KI-Zukunft zu treffen.

Microsofts Agentic AI-Ansatz im Überblick

Mit Copilot Studio verfolgt Microsoft einen plattformintegrierten Ansatz, der folgende Merkmale verbindet:

  • Low-Code-Umgebung, die Citizen Developer:innen wie IT-Teams gleichermaßen adressiert
  • Nahtlose Integration in Microsoft 365, Dynamics 365 und Power Platform
  • Skalierbarkeit über Azure OpenAI, Microsoft Graph und eigene Konnektoren
  • Verwaltbarkeit auf Tenant-Ebene Entra ID, Compliance und Datenrichtlinien

Diese Architektur richtet sich primär an Organisationen, die bereits stark in das Microsoft-Ökosystem eingebunden sind – und dort ihre KI-Strategien sicher, kontrolliert und datenschutzkonform umsetzen möchten.

Vergleichbare Entwicklungen anderer Anbieter

Auch wenn Microsoft mit Copilot Studio derzeit eine führende Rolle im Bereich Agentic AI für Unternehmen einnimmt, ist das Feld in Bewegung. Mehrere große Anbieter – von Google über OpenAI bis hin zu SAP – entwickeln eigene Plattformen und Konzepte für intelligente, handlungsfähige Agenten.

Der folgende Überblick zeigt, wie sich die verschiedenen Lösungen unterscheiden, welche Zielgruppen sie adressieren und worin ihre technologischen Schwerpunkte liegen.

Anbieter

Plattform / Konzept

Besonderheiten

Google

Gemini 1.5 / Gemini Agents (Duet AI)

Stark verknüpft mit Google Workspace, Fokus auf Code und Suche

Meta

LLaMA-Modelle, LlamaGuard

Open Source, forschungsorientiert, Moderationsframeworks

OpenAI

GPTs, Custom GPTs, Function Calling

Offene Plattform, API-basiert, keine native Unternehmensanbindung

Salesforce

Einstein Copilot / Prompt Builder

CRM-orientierter Agentenbau, Fokus auf Vertriebsautomatisierung

SAP

Joule AI Agent

Integriert in SAP S/4HANA und SuccessFactors, ERP-zentriert

Exkurs: Microsoft Copilot Studio im Vergleich mit Google, Meta und OpenAI

Microsoft ist mit Copilot Studio nicht allein auf dem Weg zur geschäftstauglichen Agentenplattform. Auch OpenAI, Google und Meta treiben eigene Agentic-AI-Strategien voran – mit unterschiedlichen Zielgruppen, Integrationsmodellen und Sicherheitsansätzen. Ein differenzierter Blick zeigt, welche Plattform für welchen Anwendungsfall geeignet ist.

Microsoft Copilot Studio: Für Governance und Integration gebaut

Copilot Studio richtet sich klar an Unternehmen, die auf Microsoft 365, Dynamics 365 und die Power Platform setzen. Die Plattform punktet durch:

  • eine Low-Code-Umgebung, die sowohl IT-Teams als auch Fachabteilungen adressiert.
  • eine mandantenfähige Verwaltung mit rollenbasierten Berechtigungen, Audit-Logging und DLP,
  • native Integration in Microsoft-Produkte, Microsoft Graph, Entra ID und Power Automate,
  • vollständige Compliance-Kontrolle über Datenflüsse und Zugriffe,

Daten können in Azure-basierten Tenants gehalten werden, System- und Benutzerprompts sind strukturiert steuerbar, und der Betrieb erfolgt kontrolliert über das Microsoft-Ökosystem.

Google Gemini / Duet AI: Office-KI mit Workspace-Fokus

Google verfolgt mit Gemini 1.5 und Duet AI einen ähnlichen Ansatz wie Microsoft – allerdings innerhalb der Google-Produktwelt (Gmail, Docs, Drive, Meet). Gemini Agents lassen sich in Workspace integrieren und über Vertex AI mit Daten verknüpfen.

Allerdings ist die Plattform aktuell weniger auf unternehmensweite Governance und agentenbasiertes Prozessdesign ausgerichtet. Die Steuerung erfolgt primär über Google-Konten, es fehlen differenzierte Berechtigungsmodelle und tenant-spezifische Datenrichtlinien, wie sie Microsoft bietet.

Meta LLaMA und LlamaGuard: Open Source für Forschungs- und Spezialumgebungen

Meta positioniert sich mit den LLaMA-Modellen (Large Language Model Meta AI) und LlamaGuard eher im Bereich der Open-Source-Modelle und Forschungsanwendungen. Die Modelle können selbst gehostet werden, bieten volle Einsicht in Architektur und Verhalten – und ermöglichen den Aufbau eigener Agentenlösungen, z.B. mit LangChain, Ollama oder Hugging Face.

Diese Offenheit hat ihren Preis:

  • Hohes technisches Niveau erforderlich (MLOps, GPU-Infrastruktur, Monitoring etc.)
  • Kein zentrales Tooling, keine Governance-Schnittstellen, keine nativen Apps
  • Sicherheitskonzepte müssen vollständig selbst entworfen und betrieben werden

Für Unternehmen mit starken internen KI-Teams und Datenschutzanforderungen kann das ein Vorteil sein – für die meisten ist es jedoch (noch) zu aufwändig.

OpenAI GPTs: Schnell, flexibel – aber ohne zentrale Steuerung

OpenAIs GPTs (z.B. über ChatGPT oder Custom GPTs) sind besonders für explorative, kreative oder prototypische Anwendungen interessant. Sie lassen sich frei konfigurieren, via API integrieren und über ein wachsendes Plugin-Ökosystem erweitern.

Grenzen für den Unternehmenseinsatz bestehen vor allem bei:

  • begrenzten Audit-Möglichkeiten und unklarem Datenrouting,
  • fehlender Mandantenfähigkeit oder rollenbasiertem Zugriff,
  • fehlender nativer Integration in bestehende Unternehmensinfrastrukturen.

Wer GPTs produktiv einsetzen möchte, muss zusätzliche Sicherheits- und Kontrollmechanismen aufbauen – z. B. über Azure OpenAI.

Fazit: Eine Frage der Zielsetzung

  • Google Gemini eignet sich besonders im Workspace-Umfeld, bleibt aber im Agentenverhalten und bei Integrationen aktuell noch eingeschränkt.
  • Wer flexibel experimentieren möchte oder eigene Agentenlogik entwickeln will, ist mit OpenAI GPTs oder Meta-Modellen gut beraten – allerdings mit Zusatzaufwand in Sachen Sicherheit.
  • Wer produktive Agentenlösungen mit Governance, Datenanbindung und Benutzersteuerung sucht, findet in Microsoft Copilot Studio eine robuste Plattform.

In vielen Fällen ist eine hybride Strategie sinnvoll: Copilot Studio als primäre Plattform für produktive Prozesse – ergänzt durch gezielte GPT- oder Open-Source-Integration über Azure OpenAI oder eigene Schnittstellen.

Bewertung aus Unternehmenssicht

Für Unternehmen stellt sich dabei nicht nur die Frage nach der Innovationskraft einer Plattform, sondern vor allem: Welche Lösung passt zur eigenen IT-Strategie, Governance und Infrastruktur?
Die nachfolgende Bewertung ordnet Microsofts Ansatz im Kontext ein – mit Blick auf Chancen und Herausforderungen für die Praxis.

Vorteile von Microsofts Ansatz:

  • Hohe Kontrollierbarkeit (Datenschutz, Rechte, Tenant-isolation)
  • Integration in vorhandene Geschäftsprozesse und Benutzeridentitäten
  • Vielfältige Anbindungspunkte über Power Platform und Azure

Herausforderungen:

  • Abhängigkeit vom Microsoft-Stack
  • Begrenzte Flexibilität bei plattformunabhängiger Integration im Vergleich zu Open-Source-Modellen (z.B. Meta, Hugging Face)
  • Lizenz- und Governance-Komplexität bei größerer Agentenanzahl

Wohin geht die Reise?

Der Trend ist eindeutig: Agenten werden intelligenter, anpassbarer und strategisch relevanter. Folgende Entwicklungen zeichnen sich ab:

  • Agenten-Marktplätze für wiederverwendbare Skills, Logiken und Vorlagen
  • Föderierte KI-Architekturen, bei denen mehrere Agenten unternehmensübergreifend kooperieren
  • Governance-First-Designs, bei denen Sicherheit und Compliance von Anfang an mitgedacht werden
  • Hybride Agentenmodelle, die lokal, in der Cloud oder am Edge arbeiten

Microsoft positioniert sich dabei mit Copilot Studio als verwaltbare, sichere und integrationsfreundliche Plattform, die insbesondere im Enterprise-Umfeld langfristig relevant bleibt – auch wenn die Innovationsgeschwindigkeit anderer Anbieter (z.B. OpenAI) in Teilbereichen höher ausfällt.

Im letzten Abschnitt dieses Beitrags fassen wir die wichtigsten Erkenntnisse zusammen – und formulieren konkrete Handlungsempfehlungen für Organisationen, die den Einstieg in Copilot Studio planen oder bereits vorbereiten.

Exkurs: Copilot Studio im Kontext von Microsoft Fabric – Datenintelligenz trifft Agentenlogik

Mit dem Aufstieg generativer Agenten rückt eine neue Frage in den Vordergrund:
Wie greifen KI-Agenten auf strukturierte Unternehmensdaten zu – sicher, konsistent und kontextbewusst?

Microsoft Fabric liefert hier die passende Antwort: Als einheitliche Data-Plattform auf Basis von OneLake bildet sie das Rückgrat für moderne, analytikfähige und KI-kompatible Architekturen – und steht zunehmend auch im Fokus von Copilot Studio.

Was ist Microsoft Fabric?

Microsoft Fabric ist die vereinheitlichte Datenplattform von Microsoft, die Komponenten wie Power BI, Data Factory, Synapse, Data Activator und OneLake zu einem nahtlosen System zusammenführt. Ziel ist es, alle Daten in einem zentralen, tenantweiten Lakehouse zu konsolidieren – unabhängig davon, ob sie aus Dynamics, Azure, SQL, Excel oder Drittanwendungen stammen.

Verbindung zu Copilot Studio

Copilot Studio Agenten lassen sich bereits heute mit Power BI und Dataverse-Daten verbinden. Mit Fabric eröffnen sich weitere Perspektiven:

  • Agenten können auf semantisch modellierte Daten aus OneLake zugreifen – z.B. für Vertriebskennzahlen, Produktionsdaten, Personalstammdaten oder Finanzanalysen
  • Durch Data Activator oder Event Triggers könnten in Zukunft agentenbasierte Reaktionen auf Datenveränderungen automatisch ausgelöst werden (z.B. bei Abweichungen im Forecast)
  • Über Power BI lassen sich auswertbare Kontexte erzeugen, die Agenten verstehen und verarbeiten können

Beispiel: Vertriebsagent mit Fabric-Anbindung

Ein Copilot-Studio-Agent im Vertriebskontext könnte etwa:

  • KPI-Abweichungen automatisch identifizieren und Aktionen vorschlagen
  • Kundenhistorien aus Dataverse oder SQL einbinden
  • Lead-Daten aus Dynamics 365 analysieren
  • Zielvorgaben aus OneLake abrufen (z.  Monatsumsatz)

Damit entsteht ein datengetriebener, kontextbewusster Agent, der nicht nur reagiert, sondern aktiv zur Steuerung beiträgt.

Herausforderung: Datenqualität und Sicherheit

Die Verbindung zwischen Fabric und Copilot Studio funktioniert nur dann reibungslos, wenn:

  • Agenten genau wissen, welche Daten sie sehen dürfen – und welche nicht
  • Berechtigungen über Microsoft Entra ID und DLP-Policies sauber gesteuert werden
  • Daten semantisch sauber modelliert und gepflegt sind

Gerade bei großen, heterogenen Datenlandschaften empfiehlt sich eine abgestimmte Governance zwischen Data Engineering, Power Platform Teams und Security Operations.

Fazit

Copilot Studio und Microsoft Fabric ergänzen sich ideal:

  • Copilot Studio bringt die intelligente, handlungsfähige Schnittstelle
  • Fabric liefert die strukturierte, kontextreiche Datenbasis

Wer Agenten nicht nur mit Wissen, sondern mit kontextsensitiven Entscheidungsgrundlagen ausstatten will, sollte Microsoft Fabric langfristig als strategische Datenplattform mitdenken.

Fazit und Handlungsempfehlungen

Mit Copilot Studio stellt Microsoft eine leistungsfähige Plattform für die nächste Generation intelligenter Unternehmenslösungen bereit: zielgerichtete, kontextbewusste und handlungsfähige Agenten, die tief in Microsoft 365, Dynamics 365 und die Power Platform integriert sind.

Im Gegensatz zu klassischen Chatbots oder Assistenten stehen hier Agenten im Fokus, die eigenständig Aufgaben übernehmen, mit Datenquellen interagieren, Prozesse auslösen und dabei Governance-, Sicherheits- und Datenschutzrichtlinien beachten. Diese Fähigkeiten machen Copilot Studio zu einem strategischen Werkzeug – insbesondere für Unternehmen, die ihre digitale Transformation konsequent weiterdenken.

Wichtige Erkenntnisse

  • Copilot Studio ist mehr als ein Rebranding – es ist eine Plattform für echte Agentenarchitekturen mit Memory, Zielorientierung und KI-gestützter Logik
  • Die Plattform vereint Low-Code-Entwicklung mit Enterprise-Governance – ideal für gemischte Teams aus IT, Fachabteilungen und Security
  • Im Vergleich zu Open-Source-Lösungen bietet Microsoft hohe Integrationstiefe, Sicherheitsfunktionen und Verwaltbarkeit, bei geringerer technischer Transparenz
  • Power Virtual Agents bleiben zunächst bestehen, langfristig führt jedoch kein Weg an Copilot Studio vorbei

Handlungsempfehlungen für den Einstieg

Der erfolgreiche Einsatz von Copilot Studio beginnt nicht mit der Technologie allein, sondern mit klaren Rahmenbedingungen, einem geeigneten Anwendungsfall und einem strukturierten Vorgehen.
Die folgenden Empfehlungen richten sich an Organisationen, die erste Projekte realisieren oder bestehende PVA-Umgebungen strategisch weiterentwickeln möchten – mit einem Fokus auf Sicherheit, Skalierbarkeit und Mehrwert.

Empfehlung

Zielgruppe / Nutzen

Pilotprojekt starten

Erste Agenten in HR, IT oder Support entwickeln

Governance-Modell aufsetzen

Rollen, Rechte, Audit- und Sicherheitsrichtlinien definieren

Bestehende PVA-Bots evaluieren

Migrationspotenziale erkennen und priorisieren

Skill- und Datenstrategie entwickeln

Anbindung interner Systeme und Konnektoren planen

Teams befähigen / begleiten

Schulungen, Best Practices und Citizen Developer fördern

Abschließender Ausblick

Copilot Studio ist kein fertiges Produkt, sondern eine wachstumsfähige Plattform, die sich mit jeder Iteration weiter öffnet, verzahnt und differenziert. Unternehmen, die frühzeitig einsteigen und strategisch denken, können nicht nur Prozesse optimieren, sondern echte Innovationsimpulse setzen – intelligent, sicher und integriert.